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Freitag, 1. August 2014

Börsen-Zeitung, 31.7.2014 - Herr Steffen, MBB Clean Energy ist in die Schlagzeilen geraten. Immer wieder ist hier auch von Verbindungen von MBB Clean Energy zu dem Unternehmen Windreich zu hören. Wie ist es um diesen Sachverhalt bestellt?

M INTERVIEW: HEINZ STEFFEN, FAIRESEARCH: "Markt in Misskredit gebracht"

Experte für Mittelstandsanleihen sieht im Fall MBB Clean Energy Verbindungen zu Windreich

Der Fall MBB Clean Energy sorgt bei Experten wegen diverser Absurditäten und undurchsichtiger Aspekte für Kopfschütteln (vgl. BZ vom 30.Juli). Immer wieder ist auch die Rede davon, dass es Verbindungen zum Pleite-Unternehmen Windreich bzw. zum Windreich-Gründer Willi Balz geben soll. Heinz Steffen, Partner beim Analysehaus Fairesearch und Kenner der Szene für Mittelstandsanleihen und der dazugehörigen Emittenten, versucht im Interview der Börsen-Zeitung, Licht in das Dunkel bei MBB und Windreich zu bringen.

Börsen-Zeitung, 31.7.2014

- Herr Steffen, MBB Clean Energy ist in die Schlagzeilen geraten. Immer wieder ist hier auch von Verbindungen von MBB Clean Energy zu dem Unternehmen Windreich zu hören. Wie ist es um diesen Sachverhalt bestellt?


Es gibt ohne Zweifel diese Verbindungen der beiden Unternehmen. Am 21. Mai vorigen Jahres hat die Windreich GmbH der MBB Clean Energy zum Abschluss umfangreicher Kaufverträge im zweistelligen Millionenbereich gratuliert, und das unter Verweis auf einen Entfall eines sogenannten Finanzierungsvorbehaltes, was noch zu einem interessanten Aspekt wird. Die Windreich GmbH hatte 2012 mit MBB zusammen den Vorgänger der heutigen MBB Clean Energy AG, die MBB Wind gegründet. Auch auf der Managementebene gab es enge Verbindungen. So war Wolfgang Hirt, Vorstandsmitglied der MBB Clean Energy AG, bei der Windreich GmbH als Geschäftsführer des ersten Onshore-Windparks in Kanada, der Windfarm Arthur, tätig gewesen.


- Soweit zu der Managementebene und Unternehmensgründungsaspekten. Wird auf der Projektebene von konkreten Objekten im Windkraftbereich gesprochen? Gibt es hier auch Verbindungen?

Das stellt sich so dar. Denn im Anleiheprospekt der MBB Clean Energy wurde ohne Namensnennung ein Windpark in Wellington County/Kanada mit einer Nennleistung von 11,6 MW erwähnt. Der Windpark besteht aus insgesamt fünf getriebelosen Windkraftanlagen der Firma Enercon mit einer Nennleistung von jeweils 2,3 MW. Insgesamt lag der Kaufpreis bei circa 10 Mill. Euro.


- Wie sind hier die Verbindungen zu Windreich beziehungsweise dem Windreich-Gründer Willi Balz?

Das geht aus einem emotionalen Brandbrief von Balz vom 13. Juni dieses Jahres hervor. Darin macht Balz die Schuldigen für seine Insolvenz aus. Ein Grund dafür ist laut Balz der Kaufvertrag zwischen der mittlerweile insolventen FC Windenergy AG und der MBB Wind AG beziehungsweise dem Rechtsnachfolger MBB Clean Energy. Der Vertrag soll nicht zustande gekommen sein. Das Geschäftsgebaren von MBB Clean Energy sei schuld daran, dass der pünktliche Zahlungseingang in Höhe von 109 Mill. im Dezember 2012 auf Basis des notariellen Kaufvertrages nicht erfolgt sei. Mit diesem Kaufpreiserlös hätten die Forderungen der Bank Sarasin rechtzeitig zurückgezahlt werden können - so die Behauptungen von Balz.


- Das sind ja nicht ganz unerhebliche Vorwürfe. Wie hat MBB Clean Energy darauf reagiert?

Der Vorstand der MBB Clean Energy hat am 17. Juni dieses Jahres auf das Schreiben von Willi Balz geantwortet. Bereits am 21. Mai sollen schon ähnliche Behauptungen aufgestellt worden sein. Das Landgericht Hamburg soll dann im Wege einer einstweiligen Verfügung daraufhin die Veröffentlichungen solcher Behauptungen mit einer sofortigen Abmahnung verboten haben. In einer Presseerklärung des Managements der MBB Clean Energy wird festgehalten, dass es zwischen FC Windenergy und MBB Clean Energy nie zu einem wirksamen Kaufvertrag gekommen ist. Auch hat weder die Windreich GmbH noch der Insolvenzverwalter Maßnahmen zur Geltendmachung eines Anspruchs in einem Zeitraum von zwei Jahren getroffen. Interessant ist ein weiterer Vermerk, dass die MBB Clean Energy Unregelmäßigkeiten innerhalb des Due-Diligence-Prozesses aufgedeckt hatte. Um welchen Windpark es sich handelte, wurde dabei nicht erwähnt.


- Das gestaltet sich für einen außenstehenden Dritten bisweilen etwas undurchsichtig.

Die aktuelle Diskussion mit Windreich und der Aspekt der unwirksamen Globalurkunde sind in der Tat mehr als merkwürdig und könnten folgendermaßen interpretiert werden: Beide Unternehmen kämpfen um ihr Überleben, und dabei scheint ihnen jedes Mittel recht. Interessant ist die Aussage seitens der Windreich GmbH, dass ein notarieller Kaufvertrag aus Dezember 2012 über 109 Mill. existiert. Zu diesem Zeitpunkt war MBB Clean Energy aber mittellos.


- Was könnte das bedeuten?

Denkbar wäre, dass man den Kaufvertrag eben doch unter einem Finanzierungsvorbehalt abgeschlossen hat - auch wenn Balz auf einen expliziten Wegfall desselben verweist. Also, erst wenn die Finanzierung stünde, würde der Kaufvertrag wirksam und die finanziellen Mittel fließen. Die Emission der Anleihe mit dem geplanten Volumen von 300 Mill. Euro erfolgte erst im Mai 2013. Im Emissionsprospekt hat man bereits über den Windpark in Wellington berichtet, ohne ihn namentlich zu erwähnen. Querverbindungen zur Windreich GmbH waren nur aufgrund der technischen Ausstattung und des Standortes möglich. Der Kaufpreis für diesen Windpark lag allerdings bei 10 Mill. Euro und nicht bei 109 Mill. Euro, wie im Brief von Balz angekündigt. Denkbar wäre allerdings, dass noch weitere Windparks zum Verkauf standen mit ebendiesem Gesamtvolumen.


- Wie sieht Ihre Schlussfolgerung aus?

Ich glaube, dass die Windreich GmbH versucht hat, mit Hilfe von MBB Clean Energy die finanzielle Schieflage des Unternehmens zu beheben. Hätte die MBB Clean Energy die Windparks gekauft, wäre es bei der Windreich GmbH nicht zu einer Insolvenz gekommen. Allerdings ist man sich bei der genauen Analyse des Briefes, der vielen Anschuldigungen, Zurückweisungen und Beteuerungen auch mitunter nicht mehr ganz sicher, wer Opfer und wer Täter ist. Zwei Opfer stehen allerdings bereits jetzt fest, und das sind der Privatanleger und das Marktsegment für Mittelstandsanleihen.


- Und nun? Was muss getan werden in Sachen MBB Clean Energy?

Die gegenseitigen Schuldzuweisungen bringen den Privatanleger nicht wirklich weiter. Ebenso verzögern die rechtlichen Auseinandersetzungen das Verfahren. Hier wäre es hilfreich, wenn beide Parteien zur Aufklärung des Sachverhaltes durch Offenlegung aller relevanten Tatbestände beitragen würden. Dies gilt vor allem für die MBB Clean Energy, die es geschafft hat, innerhalb kürzester Zeit den Markt für Mittelstandsanleihen noch mehr in Misskredit zu bringen. Es gibt bereits genügend Insolvenzen in diesem Marktsegment, so dass die Variante einer ungültigen Globalurkunde aufgrund eines Formfehlers den aktuellen Höhepunkt an Negativmeldungen darstellt.


- Was ist mit den Zinszahlungen?

Eigentlich könnten sich die Investoren beruhigt zurücklehnen, da das Geld beziehungsweise ein Teil der Zinszahlungen noch auf dem Treuhandkonto liegen sollen. Es wäre sicherlich hilfreich, wenn sich in diesem Zusammenhang die GKK Partners Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Stuttgart zu Wort melden würde, um die Investoren über den Verbleib des Geldes zu unterrichten. Im Emissionsprospekt heißt es unter anderem, dass die Erlöse aus der 6,25 %-Schuldverschreibung 2013/19, soweit sie nicht investiert worden sind, den Anleihegläubigern als Sicherheit zur Verfügung stehen - eine sogenannte Mittelverwendungstreuhand. Auch der längst fällige Halbjahresabschluss würde zur Klärung des Sachverhaltes hilfreich sein. Die juristischen Finten und das Spielen auf Zeit könnten aber auch darauf hindeuten, dass das Geld vielleicht gar nicht mehr vorhanden ist. Das wäre der schlimmste Fall - für Gläubiger und das Marktsegment der Mittelstandsanleihen gleichermaßen.

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Das Interview führte Kai Johannsen

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