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Dienstag, 15. Juli 2014

Bizarre Vorgänge um MBB Clean Energy Anleiheurkunde ungültig? / Unternehmen beklagt unberechtigte Forderungen

Bizarre Vorgänge um MBB Clean Energy
Anleiheurkunde ungültig? / Unternehmen beklagt unberechtigte Forderungen


m h n F R A N r a i R T 1S Tnli Dp r R u f Hpc Schuldverschreibung nicht mehr, ob die
Millionen Euro an Anleihen geltend
Inmho.
FRANKFURT, 15. Juli. Der Ruf des
Marktes für Mittelstandsanleihen ist
durch Insolvenzen und Betrugsvorwürfe
beschädigt. Den Höhepunkt bilden indes
wohl die bizarr anmutenden Vorgänge
um die Anleihe der Beteiligungsgesellschaft
MBB Clean Energy. MBB steht für
den früheren Rüstungskonzern Messerschmitt-
Bölkow-Blohm, auf dessen Tradition
sich MBB Clean Energy beruft, und
hat ihren Sitz in Ottobrunn unter demselben
Dach wie Teile des MBB-Nachfolgers
Airbus.
MBB Clean Energy hatte, ohne Beteiligungen
zu halten, im Mai 2013 mit einer
Anleihe 300 Millionen Euro einnehmen
wollen, um das Geld in Wind- und Solarparks
zu stecken. Gleichsam als Ausgleich
für die Risiken hatte das Unternehmen
zusätzliche Sicherheiten versprochen,
wie etwa die Hinterlegung der ersten
Zinszahlung auf einem T reuhandkonto.
Dennoch konnte man nur 72 Millionen
Euro vereinnahmen.
Als dann im Mai 2014 die erste Zinszahlung
anstand, wurde diese verschoben.
„MBB Clean Energy AG verhindert Anlegerschaden“
hieß es in der Pressemeldung,
in der das Unternehmen den Gläubigern
mitteilte, dass die Zinszahlung „aus
technischen Gründen“ verschoben werde.
Für leichte Verwirrung sorgte die Erklärung,
dass das Geld „für berechtigte Zinszahlungen“
auf dem Treuhandkonto bereitliege.
Bis heute hat MBB die Zinsen
aber nicht gezahlt. Die Anleihe ist seit Mai
vom Handel ausgesetzt, die ursprüngliche
Notierung im Frankfurter Entry Standard
für Anleihen wurde mittlerweile ganz eingestellt.
Die Anleihegläubiger besitzen so
eine Anleihe, für die sie die überfälligen
Zinsen nicht erhalten und die sie gegenwärtig
auch nicht loswerden können.
Die Hintergründe sind derzeit nicht
wirklich aufgeklärt. Es ergibt sich folgendes
Bild: MBB hat im laufenden Jahr offenbar
Zusagen von internationalen Großinvestoren
über rund 500 Millionen Euro zu
den Konditionen der Mittelstandsanleihe
erhalten. Einhergehen sollte ein Verzicht
dieser Gläubiger auf den Zinsanspruch für
das laufende Jahr. Doch nach Darstellung
von MBB gelangten diese Verzichtserklärungen
nicht rechtzeitig an die Verwahrstelle
Clearstream. Diese hätte daher zum
Zinstermin die Zahlung der Zinsen an die
Großinvestoren veranlasst. MBB hat aber
kein operatives Geschäft. Zwar hatte man
im Herbst 2013 die Unterzeichnung von
Kaufverträgen zum Erwerb von Windund
Solarparks in Italien vermeldet, doch
wurden diese möglicherweise nicht vollzogen.
Genaues weiß man aber auch nicht,
weil MBB nach der Anleiheemission keine
Geschäftszahlen veröffentlicht hat.
Anfang Juni spitzten sich die Vorgänge
zu. Denn seitdem wissen die Inhaber der
Anleihe überhaupt existiert. Mit Ablauf
der Nachzahlungsfrist vermeldete MBB,
dass die bei Clearstream hinterlegte Globalurkunde
der Anleihe, die alle Ansprüche
der Gläubiger verbrieft, unwirksam
sei. Dabei berief sich das Unternehmen
auf zwei unabhängige Rechtsgutachten.
Die Ansprüche der „berechtigten Gläubiger“
würden aber bedient. Die Zinsen seien
auf dem Treuhandkonto hinterlegt.
Unklar ist, ob zwischen der möglichen
Ungültigkeit der U rkunde und den fehlenden
Verzichtserklärungen ein Zusammenhang
besteht. MBB soll aber zumindest einen
Teil der Gelder der Großinvestoren
nicht erhalten haben. Das wäre dann der
Grund, warum das Unternehmen zwischen
„berechtigten“ und „unberechtigten“
Investoren unterscheidet und die
Zinszahlung verhindern will. Ohne wirksame
Globalurkunde könnte kein Rechtsgeschäft
zustande gekommen sein. Dann
wären die Aussichten von MBB gering, zu
viel gezahlte Zinsen zeitnah wieder zurückzuholen.
Auf der anderen Seite blockiert
dies ein Einklagen der Forderungen.
Damit drohen aber derzeit einige Investoren.
Doch der Fall eines (angeblichen)
niederländisch-schweizerischen Investors
zeigt die Verworrenheit: Während
dieser einen Anspruch auf Zinsen für 70
Eckhart Misera Foto picture alliance/FOLTIN Jindri
macht, hält MBB dagegen. Wenn ein Investor
behaupte, 70 Millionen Euro an Anleihen
zu besitzen, so weise man das als
unwahr und unrichtig zurück, so ein Unternehmenssprecher
der MBB gegenüber
dieser Zeitung.
Die Ursache des Problems erscheint dabei
denkbar klein. Die Anleiheurkunde
muss von zwei Personen unterzeichnet
werden. Doch MBB hat mit Eckhart Misera
nur einen allein zeichnungsberechtigten
Geschäftsführer. Daher wurde die Urkunde
nur von Misera unterschrieben,
von der Zahlstelle, dem Göppinger Bankhaus
Gebrüder Martin, bei Clearstream
eingereicht und dort akzeptiert. Dieser
Vorgang habe sich bei der späteren Aufstockung
nochmals wiederholt. MBB sei
davon ausgegangen, dass die Angelegenheit
erledigt gewesen sei.
Die Beteiligten geben sich zurückhaltend.
Das Bankhaus Martin nimmt derzeit
keine Stellung. Von Clearstream
heißt es, man habe „keinerlei Kenntnis
darüber, dass es im Rahmen der Emission
und in der Folge von Seiten des Emittenten
oder von Seiten der Investoren Beanstandungen
gegeben hatte“. Gleichwohl
verweist die Wertpapierverwahrstelle etwas
kryptisch darauf, dass es zwischen
Gesellschaft und einzelnen Investoren zu
rechtlichen Auseinandersetzungen komme,
die mit Clearstream nichts zu tun h ätten.
Der Sachverhalt der möglichen Unwirksamkeit
der Globalurkunde werde
derzeit geprüft und die rechtlichen Implikationen
erörtert. Aus Frankfurter Kreisen
ist zu hören, dass MBB Clearstream
mittlerweile auffordert, an der Aufklärung
mitzuwirken und dafür Sorge zu tragen,
dass unberechtigte Anleihen aus
dem Verkehr gezogen werden.
Der naheliegende Weg, den Formfehler
durch die Unterschrift eines zu ernennenden
Bevollmächtigten zu heilen, ist offenbar
so einfach nicht.. Aus Juristenkreisen
ist zu hören, es handele sich hier um
Neuland. Niemand könne sagen, ob der
Formfehler - den niemand bestreitet - so
geheilt werden könne.
Mit dem Bankhaus Martin hat sich
MBB offenkundig mittlerweile zerstritten.
Die Bank hat den Vertrag als Zahlstelle
gekündigt, MBB hält diese Kündigung
aber für unwirksam. Aus dem Umfeld ist
zu hören, dass der Kündigung eine Schadensersatzanzeige
des Bankhauses gegen
MBB vorausging, die vom Gericht als
nichtig zurückgewiesen worden sei. Sollte
die Kündigung tatsächlich mit der Anzeige
oder deren Gegenstand begründet worden
sein, könnte der Kündigungsgrund
als konstruiert aufgefasst werden.
Der Streit um berechtigte und nichtberechtigte
Investoren mutet äußerst bizarr
an. Das einzig Tröstliche scheint zu sein,
dass zum Kreis der Investoren kaum Privatanleger
gehören sollen

FAZ Print 16-07-2014

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