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Donnerstag, 5. Juni 2014

Groteske Wende im Fall MBB Clean Energy: Das Unternehmen hat die Globalurkunde seiner Mittelstandsanleihe für unwirksam erklärt. MBB Clean Energy könnte damit den Druck auf seine Finanzierungspartner erhöhen – oder einer Radikallösung den Boden bereiten.

Globalurkunde der Anleihe für unwirksam erklärt

Groteske Wendung im Fall MBB Clean Energy

Von Michael Hedtstück
Groteske Wende im Fall MBB Clean Energy: Das Unternehmen hat die Globalurkunde seiner Mittelstandsanleihe für unwirksam erklärt. MBB Clean Energy könnte damit den Druck auf seine Finanzierungspartner erhöhen – oder einer Radikallösung den Boden bereiten.
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Globalurkunde der Mittelstandsanleihe ungültig? Bei MBB Clean Energy droht die Rückabwicklung der Anleiheemission.
Thinkstock
Globalurkunde der Mittelstandsanleihe ungültig? Bei MBB Clean Energy droht die Rückabwicklung der Anleiheemission.
Das hat es am deutschen Anleihemarkt lange nicht mehr gegeben – und am Mini-Bondmarkt schon gar nicht: Der mit seinen Zinszahlungen in Verzug geratene Ökostrominvestor MBB Clean Energy hat die Globalurkunde seiner vor einem Jahr begebenen Mittelstandsanleihe für unwirksam erklärt. MBB Clean Energy stützt sich dabei auf „zwei unabhängige Rechtsgutachten“. Erstellt wurden die Gutachten von der Kanzlei Görg & Partner sowie dem Juristen Prof. Thomas Möllers von der Universität Augsburg.

Die Ansprüche der „berechtigten Gläubiger“ würden bedient, die Zinsen seien auf einem Treuhandkonto hinterlegt, versichert MBB. Darüber hinaus gehende Erklärungen gab das Unternehmen hingegen nicht ab. Die Mittelstandsanleihe bleibt vom Handel ausgesetzt – inzwischen schon seit dem 6. Mai. An diesem Datum wäre auch der Zinskupon fällig gewesen. 

Ungereimtheiten bei der Ausgabe der Anleihen?

Es ist anzunehmen, dass die gleichen „technischen Gründe“, die MBB eigenen Angaben zufolge von der Zahlung des Kupons abhalten, auch eine Rolle bei dem Schachzug mit der Globalurkunde spielen. Das Unternehmen arbeitet seit Monaten daran, neue Investoren aufzunehmen. Zusätzlich zu den 72 Millionen Euro, die durch die Ausgabe der Mittelstandsanleihe aufgenommen wurden, sollen MBB-Angaben zufolge inzwischen weitere Großinvestoren Anleihen im Wert von zusätzlich rund 500 Millionen Euro gezeichnet haben.  
Dabei könnte es nach Berichten des Manager Magazins zu Ungereimtheiten gekommen sein. Die Finanzaufsicht BaFin „nehme unter die Lupe“, ob mit Anleihen der MBB Clean Energy Marktmanipulation betrieben worden sei. Der Verdacht: Es könnten Anleihen an Investoren ausgeliefert worden sein, obwohl die betreffenden Investoren kein Geld an das Unternehmen zahlten.

Eine BaFin-Sprecherin präzisierte gegenüber FINANCE jedoch, dass bislang lediglich eine „routinemäßige Analyse“ der Vorgänge rund um die Anleihe von MBB Clean Energy stattfinde. Erst wenn sich dabei verdächtige Hinweise ergäben, würde die BaFin mit einer förmliche Untersuchung beginnen. 

Rückabwicklung oder Drohkulisse?

Eckhart Misera: Was plant der Chef von MBB Clean Energy?
FINANCE-TV
Eckhart Misera: Was plant der Chef von MBB Clean Energy?
Hinter der überraschenden Wendung von heute könnten zwei mögliche Strategien stehen, die MBB Clean Energy-Chef Eckhart Misera möglicherweise verfolgt. Einerseits könnten die Rechtsgutachten theoretisch zu einer Rückabwicklung der Anleiheemission führen. In einem solchen Fall bestünde für die vom Zahlungsverzug verunsicherten Gläubiger die Hoffnung, die Anleihe zum Nennwert inklusive der aufgelaufenen Zinsen zurückbezahlt zu bekommen. Indes bezog MBB über einen Unternehmenssprecher gegenüber FINANCE dazu heute Mittag klar Stellung: „Eine Rückabwicklung ist nicht geplant“, ließ das Unternehmen verlauten.

Die Unwirksamkeit der Globalurkunde könnte aber auch auf später hinzugekommene Investoren zielen. Sollte es tatsächlich zu Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabe der Anleihen gekommen sein, könnte bestimmten Investoren Ungemach drohen, falls MBB Clean Energy nur die „berechtigten Gläubiger“, wie das Unternehmen sie nennt, unter das Dach einer neuen Anleihe überführt. Der Aufbau einer solchen Drohkulisse könnte auch die Lösung der „technischen Probleme“ forcieren, die von MBB Clean Energy für die anhaltende Nicht-Zahlung des Zinskupons verantwortlich gemacht werden. 

MBB Clean Energy hält Rechtsgutachten unter Verschluss

Allerdings gibt es kaum Präzedenzfälle für einen solchen Vorgang. Dass Globalurkunden, in weiten Teilen standardisierte Dokumente, für unwirksam erklärt werden, ist weit über Deutschland hinaus ein ausgesprochen ungewöhnlicher Vorgang. In Globalurkunden werden die grundlegenden Rechte der Anleihegläubiger dokumentiert. Sie ermöglichen eine schnelle, effektive Effektenverwahrung, da dank ihnen innerhalb einer Emission auf Druck und  Versand einzelner Urkunden verzichtet werden kann. 

Die Globalurkunde nicht nur für fehlerhaft, sondern gleich für gänzlich unwirksam zu erklären, wie MBB es tut, ist ein weitreichender Schritt. Die Begründung dafür bleibt im Dunkeln. Die Anfrage von FINANCE, die Rechtsgutachten oder zumindest die dort formulierten Begründungen einsehen zu dürfen, lehnte das Unternehmen mit Verweis auf die „laufende juristische Betrachtung“ ab.

michael.hedtstueck[at]finance-magazin.de

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